Genau genommen gehören zur Lebenstraumgemeinschaft drei Gärten: Der Solawi-Acker in Neu Nickritz, der Gemüsegarten direkt im Rittergut und – dies ist der jüngste der drei – der Permakulturgarten auf dem sogenannten „Neuland“. Liebevoll und naturgemäß zugleich „sparsam“ pflegt ihn seit dem Frühjahr 2023 Annette.

Ein Blick über ihren Gartenzaun:

DIE IDEE

Wie bei allen Permakultur- oder Waldrandgärten soll sich mit wenig Arbeitsaufwand und bei sparsamer Bodenbearbeitung ein stabiles Ökosystem aus Flora und Fauna in allen 3 Dimensionen entwickeln. Dabei werden Pflanzen und Tiere angesiedelt beziehungsweise „herbeigelockt“, die einander begünstigen, die einen positiven Einfluss auf das Mikroklima haben und die zugleich dem Boden wieder ausreichend Nährstoffe zuführen. Die Rolle der Gärtnerin dabei: beobachten, wachsen lassen, analysieren, behutsam eingreifen, beobachten, wachsen lassen…

DER HINTERGRUND

Schon 2015 hatte die Gemeinschaft 2800 Quadratmeter Land in 1,3 Kilometer entfernt von ihrem eigenen Hof hinzugekauft und es das „Neuland“ getauft. Auf dem ehemals privaten Gartengrundstück mit Bungalow, Toilettenhäuschen und allerlei Gebilden „Marke Eigenbau“ gärtnerten zunächst verschiedene Gemeinschaftsmitglieder mehr oder weniger kontinuierlich: das gab es eine Pilzzucht, Tomaten wurden angebaut, es gab Arbeitseinsätze gemeinsam mit geflüchteten Menschen. Inzwischen existiert ein schlüssiges Konzept, das einen Teil des Neulands für die gemeinschaftliche Kinderbetreuung vorsieht. Im anderen Teil wächst und gedeiht seit 2023 der Permakulturgarten.

DIE HERANGEHENSWEISE

Circa zwanzig Terrassen fauf einem nach Süd-West geneigten Hang fand Annette als Gärtnerin und Naturschützerin vor, und sie entschloss sich, diese Struktur auf dem 30 x 50 Meter-Areal beizubehalten. Große Herausforderung: die langen heißen Sommerphasen der letzten Jahre. Die Gärtnerin aus Passion pflanzte zu den Eschen daraufhin auch Obstbäume sowie Hainbuche, Wilde Pflaume, Hartriegel, Weißdorn, Pfaffenhütchen und Waldstaudenroggen für den Schatten. Die Grenze zum Nachbarn markiert nunmehr eine Weidenhecke. Trichterwinden und Stangenbohnen ranken an den Bäumen und den dazugehörigen Pfählen empor. Erträge sollen auf verschiedenen Ebenen wachsen. Wildpflanzen versucht die Gärtnerin anzusiedeln und robuste Stauden.

Besondere Ideen hat sie für die „unterste Etage“. Idee Nr. 1: Grasbokashi. Das gemähte Gras wird eingestampft, mit EM besprüht (Effektive Mikroorganismen) und für ein paar Wochen luftdicht verpackt, um es dann anschließend – sozusagen „vorverdaut“ – wieder als Mulch ausgebracht. Genau dies ist das Futter, das jene Tiere im Boden „mögen“, die den so wichtigen Humus wiederaufbauen. Zweite Idee: Die allgegenwärtige Quecke mit ihren überallhin kriechenden Wurzeln wird getrocknet, kompostiert und schließlich wieder ausgebracht. Als Stickstoffsammler für den Boden wachsen in Annettes Garten Ölweiden, Ginster und Erbsensträucher. Über ihre Wurzelknöllchen gelangt der unabdingbare Stickstoff in den Boden. Auch Bohnen, Erbsen und Klee haben diese wichtige Funktion. Geschlossene Kreisläufe gehören zum A & O des Waldrandgartens: Die reichen im Permakulturgarten auf dem Neuland u.a. von der Komposttoilette bis zur Dachwassernutzung.

DIE ERNTE

Teils aus eigener Vermehrung, teils aus in der Natur gefundenem oder eingetauschtem Saatgut stammen die Pflanzen, die sich inzwischen denen zugesellen, die schon länger im Waldrandgarten heimisch sind. Minze, Melisse und Muskateller-Salbei für Tees, Physalis und auch etwas Gemüse gehören zur Ernte dieser per 2024 zweiten Gartensaison. „Nur“ zum schön Aussehen blühen die Königskerzen. Doch auch Karde, Natternkopf und Nachtkerzen fühlen sich wohl auf den trockenen sonnigen Terrassen. Überhaupt: Zur Ernte gehören unbedingt auch die vielen Blumen. Und seit es Annettes Garten gibt, fallen die Sträuße zu Feierlichkeiten oder zum Schmücken der Gemeinschaftsräume üppiger denn je aus!

DER TRAUM

Ein lichter Wald ist auf den Neuland-Terrassen gewachsen. Licht und Grün durchdringen einander auf verschiedenen Etagen, Kletterpflanzen ranken sich durch sonnige und schattig-kühle Waldabschnitte. Platterbsen, Muskateller-Salbei und Karde, welche die Gärtnerin vermehrt hat und die zu ihren Lieblingspflanzen zählen, sind gut gediehen. Hier und dort kann man sich Essbares abzupfen – der Garten ist zu einem Naschgarten geworden. Schnecken, Frösche, Eidechsen, Bienen und Schmetterlinge sind wieder selbstverständliche Mitbewohner dieses kleinen Stückchen Lands.

Die Bank, die am Rande des Gartens steht, ist jetzt immer mal besetzt. Früher stand sie nur „zur Deko“ da, wie die Gärtnerin es nannte. Sie hatte einfach immer viel zu viele Ideen…